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Europawahl ab 16 Jahren: Ein Wendepunkt für Kinderrechte und demokratische Teilhabe in Deutschland

Bei der Europawahl am 9.6.2024 hat Deutschland einen bedeutenden Schritt in Richtung mehr Demokratie und Mitbestimmung gemacht: Bei der Europawahl durften erstmals auch 16- und 17-Jährige ihre Stimme abgeben. Diese Änderung ist nicht nur wichtig für Wahlen in Deutschland, sondern auch ein großer Fortschritt für die Umsetzung der Kinderrechte und der Partizipation junger Menschen.

Warum ist Partizipation so wichtig?

Kinderrechte umfassen viele verschiedene Bereiche, die das Leben von Kindern betreffen. Ein zentraler Aspekt ist das Recht auf Partizipation, also das Recht, bei Entscheidungen, die das eigene Leben betreffen, mitzubestimmen. Dies ist besonders in der Politik wichtig, da politische Entscheidungen die Gegenwart und Zukunft der jungen Generationen maßgeblich beeinflussen. Wenn junge Menschen ab 16 Jahren wählen dürfen, wird ihre Stimme gehört und ihre Meinung ernst genommen.

Befragung von Erstwähler:innen

Um die Sichtweisen junger Menschen zum gesenkten Wahlalter bei der Europawahl in Deutschland zu erfassen, haben wir Erstwähler:innen befragt. Dabei interessierte uns insbesondere, was es für sie bedeutet, an der Europawahl teilnehmen zu können, wie sie sich darauf vorbereitet haben und welche Veränderungen sie durch das neue Wahlrecht ab 16 Jahren erwarten. 

Was bedeutet es für dich, bei der Europawahl mitwählen zu können?

Die Antworten der Jugendlichen zeigen, dass sie die Möglichkeit zu wählen als Anerkennung und Chance sehen.

„Für mich bedeutet die Wahl ab 16, dass die jüngeren Generationen ernst genommen werden und dass deren Meinung ebenso wichtig ist wie die aller anderen. Es gibt einem das Gefühl, gehört zu werden.“ (Elsa, 16 J.)

Auch die aktive Teilnahme an der Politik und die Mitgestaltung der eigenen Zukunft sind zentrale Themen für die Erstwähler:innen.

„Es bedeutet mir viel, da ich so meine Zukunft mitbestimmen kann.“ (Anonym, 16 J.)

„Direkte Mitbestimmung der eigenen Zukunft; demokratische Verantwortung.“ (Anonym)

Die befragten Erstwähler:innen empfinden das Wahlrecht als bedeutendes Mittel, ihre Stimmen und Anliegen in die politische Diskussion einzubringen. Das gesenkte Wahlalter wird als Anerkennung ihrer Bedeutung in der Gesellschaft angesehen sowie als Chance zur aktiven Mitgestaltung.

Wie hast du dich auf die Europawahl vorbereitet und mit wem hast du darüber gesprochen?

Unsere Befragung zeigt, dass das Wahlrecht ab 16 dazu führen kann, dass sich 16- und 17-Jährige frühzeitig mit Wahlprogrammen, ihren politischen Interessen und relevanten Informationen auseinandersetzen. 

„Wahl-O-Mat gemacht, die Wahlprogramme gelesen und geschaut, was die Parteien auf den sozialen Medien teilen. Außerdem über die KandidatInnen informiert und was die Parteien in der Vergangenheit umgesetzt haben.“ (Anonym, 17 J.)

Und diese Auseinandersetzung mit der Europawahl erfolgte nicht nur individuell, sondern auch im Austausch mit vertrauten Personen.

„Mit meinen Freunden, Familie, Lehrer und Klassenkameraden.“ (Anonym, 17 J.)

Die befragten Erstwähler:innen haben sich somit durch das Wahlrecht ab 16 sowohl individuell als auch im Austausch mit ihrem Umfeld intensiv mit politischen Themen auseinandergesetzt. Durch diese Interaktionen konnten sie verschiedene Perspektiven gewinnen und ein breiteres politisches Verständnis entwickeln.

Ab welchem Alter sollten junge Menschen wählen dürfen (z.B. auch bei der Bundestagswahl)?

Die Meinungen gehen teilweise auseinander, doch es wird deutlich, dass viele junge Menschen die Wahl ab 16 als sinnvoll erachten, auch bei der Bundestagswahl.

Was denkst du, macht es für einen Unterschied, wenn junge Menschen wählen dürfen?

Die Antworten unserer Befragten zeigen, dass junge Menschen Wahlen ab 16 Jahren als ein wichtiges Mittel ansehen, um die Beteiligung junger Menschen am politischen und sozialen Geschehen zu fördern.

„Es gibt jungen Menschen die Möglichkeit, sich früher Gehör zu schaffen und sie in demokratische Prozesse einzubinden.“ (Julian, 17 J.)

Wählen ab 16 Jahren würde nicht nur bedeuten, dass die Politik stärker auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet wird, sondern auch, dass mehr junge Menschen sich politisch engagieren.

„Die Bedürfnisse und Interessen der jüngeren Generationen werden stärker vertreten.“ (Anonym, 16 J.)

Dafür ist nicht nur eine frühere politische Beteiligung durch Wahlen notwendig, sondern auch eine umfassende politische Bildung, die frühzeitig aufklärt und die eigene politische Meinungsbildung stärkt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass junge Menschen unreflektiert vorherrschende Meinungen aus ihrem Umfeld oder von Social Media übernehmen. 

„Schwierig zu sagen, da manche ihre Stimme wirklich gut einsetzen und die Chance und Möglichkeiten nutzen, etwas zu ändern oder für ihre Rechte einzustehen. Gleichzeitig aber sind junge Menschen sehr leicht beeinflussbar und könnten dann durch Propaganda ganz kritische Sachen aufnehmen.” (Anonym, 17 J.)

Die Ergebnisse der diesjährigen Europawahl unterstreichen die Notwendigkeit, mehr in die politische Bildung junger Menschen zu investieren, um sie zu empowern, informierte politische Entscheidungen zu treffen und ein demokratisches Miteinander zu fördern. Anlässlich der Europawahl haben wir einen Blogbeitrag verfasst, der über die Wahl informiert und die Verbindung zu Kinderrechten beleuchtet.

Die Einführung der Wahl ab 16 Jahren bei der Europawahl ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Kinderrechte und der Partizipation junger Menschen in Deutschland. Durch die aktive Beteiligung und die Möglichkeit, ihre Zukunft mitzugestalten, fühlen sich junge Menschen ernst genommen und motiviert, sich politisch zu engagieren. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Fortschritt auch auf andere Wahlen ausgeweitet wird, um die Demokratie weiter zu stärken und die Stimmen aller Altersgruppen zu berücksichtigen. Vor ein paar Wochen haben wir zu dem Thema auch ein Interview mit unserer Schirmfrau und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas geführt, hier zum Nachlesen