BeteiligungUN-Dialog

Die Frage ist nicht, ob wir Kinder und Jugendliche beteiligen, sondern wie!

Vom 16. bis 18. Mai 2017 trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der drei Kinderrechte Netzwerke aus Österreich, der Schweiz und Deutschland in Genf, um sich über Möglichkeiten der Kinder- und Jugendbeteiligung beim UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtsauschuss) auszutauschen.

Höhepunkt der Reise war eine spannende Diskussion mit den Mitgliedern des Ausschusses.

Anlass des Besuchs in Genf war das Erasmus- Projekt zur ‘Best Practice der Kinder- und Jugendbeteiligung in den drei Kinderrechtsnetzwerken’. Mit dabei waren auch je zwei Jugendliche aus den drei Ländern.

Diskussionsrunde mit Mitgliedern des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes

Am 17. Mai 2017 fand mit einer Diskussion mit den Mitgliedern des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes einer der Höhepunkte der Genf Reise statt! 13 der 18 Mitglieder folgten der Einladung der drei Kinderrechtenetzwerke und diskutierten gemeinsam mit den Jugendlichen und Erwachsenen, wie die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen beim UN-Kinderrechtsausschuss verbessert werden kann.

Unter den Gästen war auch die Vorsitzende des Ausschusses, Richterin Renate Winter aus Österreich. Sie betonte, der Ausschuss sei nicht zu verwechseln mit einem Gericht, er gäbe nur Empfehlungen ab, die z.B. darauf abzielen im besten Interesse des Kindes zu handeln und kein Kind zu diskriminieren. Oft gäben Staaten im Berichterstattungsprozess vor, perfekt zu sein.

Einen solchen Eindruck zu vermitteln – darum geht es dem Ausschuss beim UN-Dialog ganz offensichtlich nicht! Jedes Land soll darstellen, was es zur Umsetzung der in der UN-Kinderrechtskonvention beschriebenen Prinzipien getan hat und welche Fortschritte oder auch Rückschläge dabei erzielt wurden. Eine Indikatoren-gestützte Datenlage wäre ein gutes Instrument für die Länder, um Erfolge, aber auch Schwachstellen oder Datenlücken sichtbar zu machen – darüber waren sich die Mitglieder des Ausschusses und Vertreterinnen und Vertreter der NGO‘s einig.

Einigkeit herrschte ebenfalls darüber, dass die Frage, ob Kinder und Jugendliche am Staatenberichtsverfahren beteiligt werden sollten, gar nicht erst zur Debatte steht. Das ist laut Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention ihr gutes Recht. Die Frage ist demzufolge nicht, ob wir Kinder und Jugendliche beteiligen, sondern nur wie!
Bernard Gastaud wies darauf hin, „dass der UN-Ausschuss zu Beginn der Anhörung jeden Staat dazu befrage, ob Kinder und Jugendliche in die Vorbereitung des Berichts einbezogen wurden.“

Die sechs Jugendlichen nutzten die Gelegenheit, um Fragen an die Ausschussmitglieder zu stellen und ihre eigenen Ideen für eine Verbesserung der Kinder- und Jugendbeteiligung einzubringen. Vom besonderen Interesse waren zum Beispiel neue Formen der Beteiligung, etwa über soziale Medien oder Videos, Fotos und Comics. Sie setzten sich gezielt für die Einbeziehung von jüngeren Kindern ein und schlugen beispielsweise den Einsatz von Filmen vor, nachdem sie hörten, dass die Belange von Kindern unter 10 Jahren im Staatenberichtsverfahren in der Regel nicht oder nur ganz marginal erfolgt. Angeregt wurde auch eine Förderung der Beteiligung am Staatenberichtsverfahren, um auch Kindern und Jugendlichen aus ärmeren Ländern eine Mitwirkung zu ermöglichen.

Viele Wege führen zum Ziel

In der Diskussionsrunde mit den Mitgliedern des UN-Ausschusses wurde die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen am UN-Dialog als eine Aufgabe der National Coalitions klar benannt. Deutlich wurde, dass es hierfür aus Sicht der Mitglieder des Ausschusses verschiedene sinnvolle Wege gibt. Von den oben erwähnten Skype Video-Konferenzen, um viele Kinder und Jugendliche einzubeziehen, einer Einladung von Mitgliedern des UN-Ausschusses ins eigene Land (vor dem Pre-sessional Meeting) oder nach der Staatenanhörung im Follow-up Prozess, Interviews, dem Einreichen eines Kinder- und Jugendreports, Filmen oder der Entsendung einer Delegation von bis zu 15 Kindern und Jugendlichen nach Genf. Erst durch Statements von Kindern und Jugendlichen selbst bekäme der Ausschuss ein komplettes Bild über die Inhalte. „Man lernt mehr über die Situation in einem Land, wenn man direkt mit Kindern spricht, sehr oft sprechen nur Erwachsene über Kinderrechte“, so Clarence Nelson.

Kritisch beleuchtet wurde das für einen solchen Dialog zur Verfügung stehende Zeitbudget. Olga Khazarova fand dazu klare Worte: „Die Ausschussmitglieder haben eine Stunde Zeit, einen Dialog mit Kindern und Jugendlichen in der Mittagspause zu führen. Das ist weit davon entfernt ausreichend zu sein!“

Eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen endet nicht mit der Anhörung in Genf. Die Unterzeichnerstaaten haben die Aufgabe, Kinder und Jugendliche auch bei der Umsetzung der Abschließenden Bemerkungen zu beteiligen – dass eine kinder- und jugendfreundliche Fassung der Concluding Observations unbedingt dazu gehört, auch darauf wiesen viele Mitglieder des Ausschusses hin.

Rückblick und Ausblick

„2010 haben wir in Deutschland mit dem Ersten Kinder- und Jugendreport einen eigenen Bericht mit Statements von Kindern und Jugendlichen an den UN-Kinderrechtsausschuss gesendet. Das war ein erster großer Schritt“, erinnert sich Kirsten Schweder. Im Anschluss hat die National Coalition ein Beteiligungsprojekt zum UN-Dialog initiiert. 10 Kinder und Jugendliche sind im Jahr 2014 nach Genf gereist, um die Sichtweisen von jungen Menschen in den Berichterstattungsprozess einzubringen. Bei dem vorherigen Berichtszyklus anlässlich des Zweitberichts der Bundesregierung im Jahr 2003 hat es noch keine Form der direkten Einbindung von Kindern und Jugendlichen gegeben.

Und das nächste Mal kommt bald: am 4. April 2019 wird die Bundesregierung Ihren nächsten Staatenbericht beim UN-Kinderrechtsausschuss abgeben. Auch da wird die National Coalition sich dafür einsetzen, dass jungen Menschen die Möglichkeit gegeben wird, sich mit ihren Anliegen in den Berichterstattungsprozess einzubringen.

Weitere Informationen zum Staatenberichtsverfahren finden Sie hier.