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20 Jahre zivilgesellschaftliches Engagement für Kinderrechte in Deutschland

Im Rahmen des o.g. Fachtags „Ombudschaften für Kinder – Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum“ beging die National Coalition am 10. Juni 2015 im alten Wasserturm auf dem EUREF Campus in Berlin ihr 20jähriges Jubiläum.

Die National Coalition kann auf eine ereignisreiche Geschichte zurückblicken, bei der Verwirklichung ihres Anliegens, sich für die Rechte aller in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen einzusetzen und die Kinderrechte in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Der kleine Festakt im Rahmen des Fachtags bot Anlass zurückzuschauen und einen kinderrechtsbezogenen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Zu den geladenen Gästen gehörten die Mitglieder der National Coalition, eingeladene Vertreterinnen und Vertreter seitens der Politik und weitere „Zeitzeugen“, die die Arbeit der National Coalition in den vergangenen 20 Jahren begleitet haben.

Edelgard Bulmahn, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und Schirmherrin der National Coalition gratulierte der NC vor Ort persönlich. In ihrem Grußwort hob sie hervor, dass die NC zu einem breiten gesellschaftlichen Bündnis für Kinderrechte gewachsen ist und das sei „auch gut so, denn nach 20 Jahren ist immer noch viel zu tun, um die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern. Die Konvention ist rechtlich und tatsächlich nicht vollständig umgesetzt. Zwischen Rechtsanspruch und Rechtswirklichkeit klafft immer wieder eine Lücke.“
Edelgard Bulmahn nannte in Ihrer Rede zur Veranschaulichung dieser „Lücke“ ganz konkrete Beispiele, wie die Situation von Kindern mit Behinderungen und dem Durch- und Nebeneinander der gesetzlichen Ansprüche und Rechtskreise der behördlichen Zuständigkeiten. Ihr FAZIT: Verwaltungshandeln müsse auf die Frage hin orientiert sein, ob dieses dem Kindeswohl dient. Bei Interessensabwägungen müsse das Kindeswohl ein Faktor von besonderem Gewicht sein. Im Besonderen ging Bulmahn auf das Kindeswohl im Ausländer- und Asylrecht ein, dass trotz der Rücknahme der asylrechtlichen Vorbehalte Deutschlands gegenüber der Konvention immer noch nicht vorrangig berücksichtigt werde. „Kinder und Jugendliche, die nach ihrer Flucht dringend Hilfe und Unterstützung benötigen, haben z.B. nicht die gleichen Rechte auf gesundheitliche Versorgung und auf Betreuung wie Kinder mit deutschem Pass.“

Als einen wichtigen Schritt bekräftigte die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags die langjährige Forderung der National Coalition die Kinderrechte endlich im Grundgesetz zu verankern: „Durch eine Grundgesetzänderung müssen die Bedürfnisse und Interessen von Kindern und Jugendlichen bei allen politischen Entscheidungen stärker als bisher berücksichtigt werden“. Durch einen Grundgesetzartikel werde eine Norm mit hoher Bindungswirkung entfaltet. „Bei Interessensabwägungen wäre das Wohl des Kindes dann ein Faktor von besonderem Gewicht.“
In einem von Prof. Dr. Jörg Maywald, Sprecher der NC, moderierten Gespräch zwischen Heribert Mörsberger, Vorstand Lindenstiftung und Antje Weber, Sprecherin AG Kinderrechte im Forum Menschenrechte, erfolgte im Anschluss zunächst noch einmal ein geschichtlicher Rückblick. Heribert Mörsberger erinnerte an die UN-Vollversammlung im Jahre 1976, in der beschlossen wurde, das Jahr 1979 als „Internationales Jahr des Kindes“ zu deklarieren, zu dessen Vorbereitung die Bundesrepublik eine Kommission gebildet hat, der zahlreiche Organisationen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Bereichen angehörten. Viele der dort vertretenen Organisationen seien der Mitgliederliste der NC sehr ähnlich gewesen- sicherlich kein Zufall. Heribert Mörsberger erinnerte daran, dass es nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1989 unter dem Dach der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe-AGJ gelang, ein zunächst auf zwei Jahre befristetes Projekt zu finanzieren und eine bescheidene Geschäftsstelle aufzubauen. Es „gelang eine erfolgreiche Etablierung der NC im fachlichen und insbesondere im politischen Diskurs.“ Auch wenn die NC inzwischen eine neue Rechtsform gefunden habe und damit die strukturelle Anbindung mit der AGJ nicht mehr erforderlich ist und deshalb aufgegeben werden konnte, bleibt „das Verdienst der AGJ bestehen für die langjährige ´Starthilfe`einer soliden NC.“ In diesem Zusammenhang wurde allen Beteiligten recht herzlich gedankt.

Antje Weber beschrieb als ein persönliches Highlight jüngerer Zeit die UN-Berichterstattung in Genf 2013/2014. Es sei hier dank guter Koordination eine gute Vorarbeit und Abstimmung zwischen den deutschen Kinderrechtsorganisationen gelungen: „Eine wichtige Erfahrung mit enormen Erfolgen, aber auch vielen Herausforderungen“, auf die auch Heribert Mörsberger hinwies, indem er an das children´s forum und den sich anschließenden Nationalen Aktionsplan erinnerte.
Weitere Meilensteine waren, so Weber, die Rücknahme der deutschen Vorbehalte im Jahr 2010 nach intensiver Lobby- und Kampagnenarbeit unter dem Motto „jetzt erst Recht(e)“ und last but not least die Ratifizierung des Individualbeschwerdeverfahrens durch Deutschland im Jahr 2013 und das Inkrafttreten am 14.04.2014.

Beide Gratulanten waren sich einig. Vieles sei inzwischen erreicht worden, aber es bedarf weiterer Entwicklungen. Heribert Mörsberger wünschte sich „ein wirkungsvolles und transparentes Monitoring der UN-KRK in Deutschland, die Fortsetzung regelmäßiger Nationaler Konferenzen für die Rechte des Kindes und schließlich einen ernstzunehmenden gesellschaftlichen und politischen Konsens über den Vorrang von Kinderrechten in allen sie betreffenden Angelegenheiten.“

Antje Weber wünschte sich eine weitere kritische Begleitung seitens der Zivilgesellschaft und hob die vielversprechenden Entwicklungen mit Blick auf die Monitoringinstanz hervor. Sie mahnte an, „alle Akteure ins Boot zu holen und auch die Privatwirtschaft zur Wahrnehmung ihrer menschenrechtlichen Verantwortung aufzufordern. Mit Blick auf ein altes Steigerlied wünschte sie der NC „Glück auf für Kinderrechte und stets ein helles Licht bei der Nacht – damit Kinderrechte in Deutschland endlich für alle Realität werden!“