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Thomas Oppermann ist neuer Schirmherr!

Es hat mittlerweile Tradition, dass die Arbeit der National Coalition Deutschland durch eine Schirmherrin oder einen Schirmherren begleitet wird. Wir freuen uns, dass Thomas Oppermann, Vizepräsident des Deutschen Bundestags, die Schirmherrschaft übernimmt und heißen ihn in seinem neuen Amt herzlich willkommen. Damit sehen wir das Amt, das zuvor die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags Edelgard Bulmahn inne hatte, in guten Händen. Im Interview stellen wir Herrn Oppermann und seine kinderrechtlichen Anliegen kurz vor.

NC: Herr Oppermann, Ihre Zusage erreichte uns fast postwendend, Sie haben offenkundig nicht lange gezögert. Warum haben Sie sich bereit erklärt als Schirmherr der National Coalition Deutschland die Arbeit unseres Netzwerkes zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention zu unterstützen?

Kinderrechte sind mir ein Anliegen seit ich politisch aktiv bin. So habe ich mich als Landtagsabgeordneter schon früh erfolgreich dafür eingesetzt, dass Niedersachsen das Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 Jahre absenkt.

NC: Wann in Ihrem Leben, sind Ihnen Kinderrechte das erste Mal begegnet? Wie alt waren Sie da?

Die schockierende Aufdeckung der Kindesmisshandlungen in Belgien in den 1990er-Jahren hat gezeigt, wie wichtig es ist, Kinder mit eigenen Rechten – auch gegenüber ihren Eltern und Erziehungsberechtigten – auszustatten. Ich habe deshalb vor über 10 Jahren gemeinsam mit Malu Dreyer den ersten SPD-Entwurf für die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz vorgelegt.

NC: Denken Sie, dass die UN-Kinderrechtskonvention heute den meisten Kindern und Jugendlichen bekannt ist? Falls nicht, wie ließe sich das ändern?

Wahrscheinlich nicht. Ich weiß aber, dass die UN-Kinderrechtskonvention in einigen Schulen besprochen wird. Das ist dann vor allem für die Eltern eine Herausforderung, weil sie die ersten Ansprechpartner sind, bei denen Kinder ihre Rechte einfordern. Damit die UN-Kinderrechtskonvention noch bekannter wird, sollte diese in den Schulen vorgestellt und behandelt werden.

NC: Von 1986 bis 1990 waren Sie Richter an den Verwaltungsgerichten in Hannover und Braunschweig. Welche Rolle hat da die UN-Kinderrechtskonvention für Sie als Jurist gespielt?

Als die UN-Kinderrechtskonvention 1989 in Kraft getreten ist, war ich als Rechts- und Jugenddezernent der Stadt Hann. Münden in die Kommunalverwaltung abgeordnet und habe mich dort unter anderem um die Einrichtung eines Jugendzentrums gekümmert.

NC: Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen? Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf zur Verwirklichung der Kinderrechte in Deutschland?

Für die Entwicklung von Kindern spielt neben den Familien das Bildungssystem eine wichtige Rolle. Gute Kitas, Schulen und Universitäten sorgen dafür, dass Kinder und junge Erwachsene – insbesondere aus sozial schwachen Familien – sich zu selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln können und eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben bekommen. Unser ganzes Bildungssystem muss darauf ausgerichtet sein, Kinder aus schwachen Familien stark zu machen. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht längst anerkannt, dass Kinder Träger von Grundrechten sind. Dennoch werden Kinder im Grundgesetz nicht ausdrücklich als Rechtssubjekte genannt. Sie tauchen dort lediglich als Gegenstand elterlicher Verantwortung auf. Ich freue mich deshalb, dass es gelungen ist, im aktuellen Koalitionsvertrag die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz zu vereinbaren – wie es die National Coalition Deutschland bereits seit Jahren gefordert hat. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll nun bis Ende 2019 einen Formulierungsvorschlag erarbeiten. Die Ausgangslage für eine Aufnahme ist besser denn je, dennoch muss mit Widerständen gerechnet werden.

NC: Warum machen Sie, sehr geehrter Herr Oppermann, sich für die Verwirklichung der Kinderrechte im Grundgesetz stark und wie begegnen Sie Skeptikern im Alltag, die dies als reine Symbolpolitik bezeichnen?

Mit eigenen Rechten stärken wir die Kinder auch dann, wenn die Durchsetzung dieser Rechte nicht immer sofort gelingt. Ein gutes Beispiel ist die Abschaffung des Züchtigungsrechtes. Das wurde in der Praxis auch erst allmählich durchgesetzt, aber es hat das Bewusstsein geändert. Gewalt gegen Kinder ist ein Tabu und muss überall auf der Welt geächtet werden.

Das Interview führte Kirsten Schweder, National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention.