Die Zivilgesellschaft war am 24. Februar 2015 vom BMFSFJ eingeladen worden, sich Eckpunkte des Gesetzesentwurfs zur “Verbesserung der Versorgung und Betreuung unbegleiteter ausländischer Minderjährige” anzuhören. Doch entgegen dem Titel des Entwurfs geht es eigentlich um die Verteilung der jungen Flüchtlinge innerhalb Deutschlands.
Der Gesetzgeber plant unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – wie Erwachsene – über eine Quotenregelung bundesweit zu verteilen. Bisher gilt das Prinzip der Unterbringung am Ankunftsort. Am 24. Februar wurden im Familienministerium (BMFSFJ) die Eckpunkte eines entsprechenden Gesetzes präsentiert. Durch die Neuregelung erhofft man sich eine Entlastung für Großstädte – die Leidtragenden wären die Flüchtlingskinder.
Lieber Geld als Kinder umherschieben
„Anstatt Flüchtlingskinder deutschlandweit umherzuschieben, sollte ein Aufnahmekonzept mit tragfähigem Finanzausgleich geschaffen werden um Jugendlichen und Kommunen gerecht zu werden,“ kritisiert Thomas Berthold vom Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge. UMFs sollten dort untergebracht werden, wo sie eine bedarfsgerechte Infrastruktur vorfinden (Therapeutische Einrichtungen, Beschulungsangebote, Beratung etc.). Hierzu muss der Vorrang des Kindeswohls Anwendung finden. „Die Berücksichtigung der individuellen Situation eines jeden einzelnen Jugendlichen darf nicht hinter die Erfüllung einer statistischen Quote zurücktreten,“ erklärt Marei Pelzer von PRO ASYL.
Der Aufbau pädagogisch geeigneter Hilfsstrukturen für unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge hat dort, wo es sie heute gibt, Jahre gedauert. Es besteht kein Grund zur
Hoffnung, dass sie andernorts allein deshalb in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft
werden, weil eine Quotenzuweisung erfolgt.
Bundesweite Standards für die Aufnahme
Vor allem braucht es daher ein Aufnahmekonzept, in dem der Gesetzgeber festlegt, wie
unbegleitete Minderjährige untergebracht, betreut und versorgt werden, damit Jugendliche
deutschlandweit gute Aufnahmebedingungen finden. Die bisherige Flickschusterei und die
unterschiedliche Aufnahmequalität führen dazu, dass unbegleitete Minderjährige nur an
wenigen Orten in Deutschland verbleiben und einzelne Kommunen am Rande ihrer Kapazitäten sind. Dieses Problem lässt sich jedoch nicht über Quoten, sondern nur über
einheitliche Standards und bundesgesetzliche Vorgaben lösen.
Rechtliche Vertretung vom ersten Tag an
Besonders problematisch ist, dass keine Regelung vorgesehen ist, die garantiert, dass die
jungen Menschen unmittelbar nach der Einreise tatsächlich einen rechtlichen Beistand oder
Vormund erhalten. Dies wird dazu führen, dass die Interessen der Jugendlichen nicht
wirkungsvoll vertreten werden und dass es keine unabhängige Vertrauensperson gibt.
Zudem ist vorgesehen, dass eine Verteilung zwischen zwei Wochen und zwei Monaten
dauern kann. In der Praxis wird dies bedeuten, dass die Jugendlichen wochenlang im Transit
festhängen. Ein Ankommen in Deutschland wird so erheblich erschwert, die Unsicherheit
über eine zukünftige Perspektive dauert länger als nötig. Auch das Asylverfahren und die
psycho-soziale Versorgung werden zukünftig erst nach einer Verteilung möglich sein.
Auch die National Coalition Deutschland unterstützt die Stellungnahme zur Verteilung von UMF unter Berücksichtigung des Kindeswohlvorrangs.